Die Wettervorhersage versprach uns einen schönen Herbsttag. Spontan haben Anja, Ines, Ralf und ich entschlossen nach Oderberg zu fahren und um die Neuenhagener Insel zu paddeln. Früh am Morgen, nachdem wir die Kajaks aufs Autodach verladen hatten, fuhren wir von Erkner in Richtung Bundesstraße 158 und weiter nach Bad Freienwalde. Die Stadt liegt am Rande des Oderbruchs. Vorbei an Schiffmühle und durch Neuenhagen erreichten wir nach etwas über einer Stunde Oderberg. Der Morgen war noch recht frisch und eine dichte Nebeldecke lag über der Stadt. Gegenüber von einem alten Raddampfer, der heute als Binnenschifffahrtsmuseum genutzt wird, fanden wir eine ideale Einstiegsstelle und konnten unsere Autos auf einen nahegelegenen Parkplatz abstellen.

Oderberg liegt an der alten Oder am Rande des Bruches zwischen dem Schiffshebewerk Niederfinow und der Schleuse Hohensaaten. Das Oderbruch erstreckt sich zwischen den Städten Oderberg und Bad Freienwalde im Nordwesten und Lebus im Süden.

Das heutige Landschaftsbild des Oderbruchs wurde durch die Begradigung der Oder im 18. Jahrhundert geprägt. Die Eindeichung und Trockenlegung des Feuchtgebietes erfolgte zwischen 1747 und 1762 unter dem preußischen König Friedrich II.. Ursprünglich verlief die Oder von Güstebiese aus zunächst nach Westen bis Wriezen, dann weiter nach Norden bis Bad Freienwalde und schließlich wieder nach Osten über Oderberg und mündete nördlich von Hohensaaten in den jetzigen Flusslauf. Der Lauf der Alten Oder ist noch heute vorhanden und kann in einigen Abschnitten für Kanutouren genutzt werden.

Nach den Plänen von Simon Leonhard von Haerlem wurde für die Oder ein 18,83 km langer weitgehend geradliniger Kanal gebaut, der den Flusslauf um rund 25 km verkürzen sollte. Dieser Kanal war bereits mit Deichen eingefasst. Ein System von Abzugsgräben sollte für die Trockenlegung des Feuchtgebietes sorgen. Am 2. Juli 1753 wurde der Fangdamm bei Güstebiese durchstochen und damit der neue Flusslauf der Oder geflutet.

Die Boote waren nun Startklar und wir konnten in den Nebel hinein fahren. Nach nicht ganz einem Kilometer bogen wir in die Alte Oder ab, geradeaus gelangt man zum Schiffshebewerk. Plötzlich war dann auch die Sonne da und der Nebel verzog sich. Die Alte Oder wird am Ufer durch Schilf begrenzt und dahinter ragen große Bäume hervor. So haben wir nicht den Eindruck, dass wir durch eine flache Kulturlandschaft, die durch Landwirtschaft geprägt ist, paddeln. Der Fluss erscheint sehr urwüchsig und Natur belassen.

Wir fahren entgegen der Strömung, die nicht so stark aber schon spürbar war. Nach 12 km erreichten wir Schiffmühle, wo auch die Bundestrasse 158 die Alte Oder überquert. Noch einen Kilometer weiter biegt die Alte Oder in Richtung Süden ab. Wir hielten uns links und paddelten durch ein Wehr, welches geöffnet war und vermutlich nur bei Hochwasser oder Niedrigwasser geschlossen wird, um den Wasserstand im Oderbruch zu regulieren. Bei geschlossenem Wehr kann man auch beidseitig umtragen. Hinter dem Wehr machten wir erst mal eine Pause und stärkten uns mit unserem mitgebrachten Proviant. Gestärkt paddelten wir nun auf der Stillen Oder weiter. Vor uns ein Dutzend Schwäne, die sehr scheu sind und vor uns flohen. Paddler sind vermutlich selten auf dem Fluss unterwegs. Die Stille Oder wird ein wenig schmaler und an beiden Seiten ist ein Schilfgürtel. Ab und zu ragen alte Bäume am Ufer hervor und scheinen wie alte Geister den Fluss zu bewachen. Nach 4 km kamen wir an den Abzweig, wo die Mucker in die Stille Oder fließt. Wir paddelten geradeaus in den Laufgraben. Der Graben wird noch mal schmaler, ist aber immer noch so breit, dass zwei Kajaks nebeneinander fahren können. Nach 2 km erreichten wir den Oderdeich, der vom Wasser aus schon mächtig aussieht. Dort mussten wir die Boote rüber tragen und eine geeignete Stelle an der Oder zum einsteigen finden. Der gesamte Deich wurde nach dem Hochwasser von 1997 von Lebus bis Hohenwutzen erneuert. Nicht weit von unserem Ausstieg befindet sich eine kleine Brücke über den Laufgraben. Der Weg führt vom Deich nach Neuranft. Auf dem Deich verschafften wir uns erst mal einen Überblick. Da sahen wir auch schon einen idealen Einstieg. In Verlängerung des Weges über den Deich ist ein kleiner Trampelpfad und führt uns zu einer Betonbuhne, die wie ein Steg aussieht. Und schon saßen wir wieder in unseren Kajaks und fuhren in die Mitte des Stroms, um die Strömung auszunutzen. Nun konnten wir uns ein wenig treiben lassen und die Weite des Oderstroms genießen. Nach kurzer Zeit erreichten wir die Brücke, die Hohenwutzen mit der polnischen Seite verbindet. Auf den 8 Kilometer vom Einstieg bis zur Schleuse Hohensaaten kamen wir auf Grund der Strömung schnell voran.

An der Schleuse angekommen, war das Schleusentor zu und die Ampel auf rot. Was nun? Vielleicht müssen wir doch umtragen! Wir haben nach dem Schleusenwärter gerufen, es schien uns niemand zu hören und es ließ sich auch keiner blicken. Nach ca. 10 min öffnete sich wie von Geisterhand das Schleusentor, die Ampel schaltete auf grün und wir paddelten als einzige in die große Schleusenkammer. In der Kammer kommt man sich als Paddler ziemlich verloren vor. Nachdem ein Höhenunterschied von ca. 1,5 m überwunden war, öffnete sich die andere Seite und wir verließen die Schleuse. Also, keine Sorge, der Schleusenwärter sieht jedes Boot und macht bei Bedarf die Schleuse auf. Man braucht nur ein wenig Geduld.

Vor uns lagen nun noch 7 km auf der Alten Oder. Hier ist der Fluss sehr breit. Wir hatten das Gefühl, dass wir auf einem langen See paddelten. Ruhig und ohne das uns ein Boot begegnete, erreichten wir nach insgesamt 35 km und einer Zeit von 7 Stunden Oderberg. Ein wenig geschafft aber doch zufrieden stiegen wir aus unseren Booten. Die Boote wurden verladen, begeistert von der Landschaft fuhren wir nach Hause und blickten auf einen schönen Herbsttag zurück.

Karte des Oderbruch